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Alle Kräfte mobilisiert

Für Achim Rüsen sind die Mahlzeiten mit den Orgelbauern Schlüsselmomente. Mitglieder aus der Rüsselsheimer Luthergemeinde versorgen die Männer während ihrer wochenlangen Arbeit im Sommer 2018  mit Speisen und Getränken. Als die Orgelpfeifen dann abtransportiert werden, packen viele mit an. „Ohne diesen Gemeinschaftssinn wäre es nicht gelungen, die Orgel mit so hoher Eigenleistung wieder in Stand zu setzen“, sagt das Mitglied im Kirchenvorstandsmitglied.  80 Männer und Frauen aus der Luthergemeinde und anderen Gemeinden seien über Wochen zur Stelle gewesen. Dass solche Kräfte mobilisiert werden konnten, habe das Orgelprojekt zum Erfolg gemacht, sagt Rüsen.

LS

Anfangs herrschte durchwachsene Skepsis im Kirchenvorstand (KV). Dem einen oder anderen Mitglied wird es flau geworden sein in Anbetracht der hohen Summe. Die Sanierung der Orgel würde 200.000 Euro kosten und die Gemeinde  sollte den gesamten Betrag aufbringen, hieß es auf einer KV-Sitzung Ende 2015. Etwa 100.000 Euro würde aus ersparten Eigenmitteln kommen. Es fehlte also nochmals die gleiche Summe. Wie könnte das gelingen?

Wenn in diesen Tagen wie kürzlich beim Erntedank-Gottesdienst  2021 der Kantor das Instrument erklingen lässt, schwingt bei manchem in der Gemeinde auch Stolz mit. Dank vieler Spender und Spenderinnen und dank vieler Menschen, die den Kirchenvorstand bei seinen Veranstaltungen unterstützten, hat es tatsächlich funktioniert: Das Geld für die Sanierung ist zusammengekommen. Die Luthergemeinde in Rüsselsheim kann wieder stolz auf ihre Orgel sein.

Die 1961 von den Gebrüdern Oberlinger erbaute Orgel sollte auch nach dem Umbau in der Lutherkirche ihren Platz haben.  Mit ihren 36 Registern und 2727 Pfeifen ist sie eine der größten Orgeln in der Region. Kirchenarchitekt Theodor Pabst, nach dessen Plänen  die Lutherkirche  gebaut worden war, hatte ihr die äußere Gestalt verliehen. Viele großen Konzerte wurden auf ihr gespielt. Die Lutherkirche und ihre Orgel - für Musik begeisterte Menschen gehört das zusammen.

Vor einigen Jahren waren jedoch  Zwei Drittel der Orgel ausgefallen. Der Organist musste immer öfter auf ein Klavier ausweichen. Eine umfassende Reparatur war unumgänglich. Eine Untersuchung hatte die Orgel als hochwertig und ihren Zustand  als gut bezeichnet. Der Plan also: Die Orgel vor Beginn des Kirchenumbaus abbauen und nach Abschluss der Arbeiten reparierten Ersatzteilen, gereinigten Pfeifen und digitaler Technik wieder aufbauen. Der Kirchenumbau sollte 2018 beginnen.

Eine größere Einzelspende ließ auch die Verzagteren im Kirchenvorstand Mut schöpfen. Ein Förderkreis wurde gegründet, um die Aktionen, mit denen Geld verdient werden sollte, zu organisieren. Eine Matchingfund-Aktion der EKHN legte einen Teil der eingenommenen Summe drauf. Beim ersten Brainstorming wurden 23 Projekte ermittelt. Zum Kirchturm-Abseilen kam es nicht. Aber es gab einen Filmabend, ein Jazzkonzert, ein Pfarrerkabarett und Theateraufführungen. Die Gemeinde war mit einem Cr´èpes-Stand auf Innenstadtfesten vertreten. Die Jahre  2016 bis 2018  waren für den  Kirchenvorstand, die Mitglieder des Förderkreises, dem auch Nicht-KV-Mitglieder angehören,  eine bewegte Zeit. Es gab viel zu tun: Planen und organisieren, Flyer drucken und verteilen, Stühle und Bänke stellen, Eintrittskarten und Getränke verkaufen. Pfarrerin Hanne Köhler und ab 2018 auch Pfarrer Sebastian Gerisch mischten immer mit. Die stellvertretende Vorsitzende Karin Wölfle fuhr Männer und Frauen mit ihrer Rikscha spazieren. Es gab einen Verkaufsstand in der Kirche mit Marmelade und Plätzchen. Der Kirchenvorstand ließ sich selbst versteigern - Gäste konnten die von einzelnen Mitgliedern angebotenen Dienstleistungen erwerben - von Mathematiknachhilfe bis Kindergeburtstag organisieren war vieles dabei. Auf dem Hessentag in Rüsselsheim stellte die Gemeinde  einen Kuchenstand, natürlich mit Selbstgebackenem.
Die erfolgreichste Aktion war die Orgelpfeifenpatenschaft. Freunde und Freundinnen der Luthergemeinde  konnten für einzelne Pfeifen Patin oder Pate werden. So brachte die „MH Flageolett 2-fach Cis - G und h“ 750 Euro ein. Insgesamt wurden durch die Orgelpatenschaften über 60.000 Euro eingenommen. Geholfen hat auch, dass die EKHN der Gemeinde  einen Zuschuss und ein zinsloses Darlehen gewährte.
30.000 Euro wurden durch Eigenleistung eingespart. Freunde und Freundinnen der Gemeinde packten beim Ab- und Aufbau der Orgel mit an und organisierten ein kostengünstiges Lager.  Das Schöne war, dass sich der Kreis der Aktiven im Laufe der Zeit erweiterte. Und bei aller Anstrengung machten die Aktionen eine Menge Spaß.

Madeleine Reckmann

Der Ursprung - oder es war einmal

Anfang 1961 wurde die Orgel durch die Firma der Gebrüder Oberlinger in knapp zwei Monaten aufgebaut. Den damaligen Preis von 70.000 DM kann man heute wohl als Schnäppchen bezeichnen. Ihre äußere Gestalt wurde damals vom Darmstädter Kirchenarchitekten Theodor Papst durchaus mit beeinflusst.

 

 

Seit 1961 tut die Oberlinger-Orgel der Lutherkirche also treu ihren Dienst. Mit ihr werden Gottesdienste, Konzerte und festliche Ereignisse musikalisch gestaltet. Auf ihr werden Organistinnen und Organisten ausgebildet. Unsere Orgel ist mit 36 Registern und 2660 Pfeifen eine der größten in der Region und hat überlokale Bedeutung. 
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Die Orgel hat drei Klaviaturen für die Hände, die Manuale, eine Klaviatur für die Füße, Pedal genannt, und 36 Register (Klangfarben wie etwa Trompete oder Flöte). 2.127 Pfeifen in der Größenordnung von elf Millimeter bis 4,52 Meter sind im Prospekt und im Orgelgehäuse untergebracht.

 

 

Orgeln sind ja bekanntlich Tasten- und Blasinstrumente, so werden die Pfeifen der Orgel durch komprimierte Luft (Orgelwind) zum Klingen gebracht. 

1987 mussten die Blasbälge erneuert und das Instrument überholt werden, wofür die Luthergemeinde 50.000 Mark zahlen musste. 

Im Laufe der letzten Jahre wurden bei unserer „Königin der Instrumente“ immer mehr Alterserscheinungen deutlich. Seit einigen Monaten ist sie zu Zweidritteln technisch ausgefallen. Mit dem letzten Drittel erklingt sie nur noch selten. 

Nachdem wir Alternativen geprüft und Kostenvoranschläge eingeholt haben, hat der Kirchenvorstand sich für die Renovierung unserer Orgel entschieden. 

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